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ENTWIRREN DES VERWICKELTEN KNÄUELS (Code 068) - Di Huang

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Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen
aus zwei Zeichen zusammen –
das eine bedeutet Gefahr
und das andere Chance.

John Fitzgerald Kennedy

Im Zentrum des Reichs der Mitte gab es seinerzeit zwei Königreiche. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen. Beide waren sehr klein, mit ein paar Hügeln und einem Stückchen Tiefland. In beiden starb das Herrscherpaar tragisch. In beiden bestiegen die Söhne, die hinter den Ohren noch nicht trocken waren, den Thron.

Die Lebensweise und die Untertanen erwarteten von ihnen, dass sie endlich Königinnen zur Frau nehmen. Einer zögerte nicht lange und heiratete die größte Schönheit weit und breit. Es war ein echtes Vergnügen, das Ehepaar anzuschauen. Insbesondere weil ihre Gewänder immer auserlesen waren, die Edelsteine glänzten und die Untertanen arbeiteten bis zum Umfallen.
Der andere junge König ließ sich Zeit. Die Berater rieten, die Wahrsager wahrsagten und die gewinnsüchtigen Eltern spien Feuer und Schwefel, als der König ihre Töchter höflich, aber bestimmt ablehnte. Im Königreich begannen immer schlechtere Nachreden über den Herrscher umzulaufen. Eines Tages verkündete er jedoch, dass die Hochzeit geplant sei. Die Königshochzeit. Seine Hochzeit. „Es ist doch nur eine einfache Enkelin des Kräuterweibs“, murrte die überraschte Masse.
Im ersten Königreich wurde die Mauer zwischen dem Hof und den Untertanen ausgebaut. An den endlosen Königsgelagen konnten nur wenige Privilegierten teilnehmen. Im anderen Königsreich baute man hingegen neue Tore in der Burgbefestigung aus. Nicht nur, dass man mit seinen Anliegen zu dem jungen Königspaar kommen konnte, sondern die Ehepartner wanderten oft und gern in einfacher Kleidung durch das Land. Sie hörten zu, sprachen und heilten. Nicht umsonst war die junge Königin eine fleißige Schülerin ihrer Großmutter, des berühmten Kräuterweibs.
Beide Königreiche gediehen – jedes auf seine Art und Weise. Bis die Feuertaufe kam. Dieser Sommer begann mit einer katastrophalen Hitze. Im ersten Königsreich lebten die Untertanen längst am Rande der Dürre. Als ihre Ernte jedoch zu Asche verbrannte, wurden auch ihre Gesichter aschgrau. Das Herrscherpaar in seiner schattenreichen Befestigung hörte jedoch nichts davon und auf die knapp werdenden Lebensmittelvorräte reagierte es mit höheren Steuern. Viele Untertanen konnten den Druck nicht mehr aushalten und als die Überschwemmung kam, nahm das Wasser auch ihre Körper mit. Der anschließende Sturmwind brachte das Vernichtungswerk zu Ende und von den mächtigen Burgmauern blieb kein Stein auf dem anderen.
Auch im anderen Königsreich wüteten die Naturelemente. Nach der Dürre folgten die Überschwemmungen und anschließend wieder Sturmwind. Das Unwetter plagte zwar die Bevölkerung schwer, ihre Wurzeln waren jedoch stärker. Sie hatten Vorräte aus den Zeiten der Fülle. Sie achteten immer sorgfältig auf die Festigkeit der Mauern ihrer Wohnungen. Und wenn schon jemand tatsächliche Probleme bekam, reichten ihm die Nachbarn eine helfende Hand.
Der Sturm riss zwar die Tore aus den Angeln, die Mauern rundherum blieben jedoch stehen. Die Burg und das Land erholten sich und noch vor dem Winter wurde die neue Ernte unter die Dächer der instandgesetzten Häuser eingebracht.

In China gab es einmal zwei Königreiche. Das eine löste das Knäuel seines Schicksals nie wieder auf. Das andere Königreich verließ jedoch den roten Faden seines Schicksals nie und verfolgte ihn in guten wie in schlechten Zeiten. Und die Kräuter, die in den schlechtesten Zeiten halfen, heißen bis jetzt „Auflösung des verwickelten Knäuels“.
Die Volksweisheit ist seit dieser Zeit auch um ein Sprichwort reicher: Wenn der Wind der Veränderungen weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.

 


 

In der traditionellen chinesischen Medizin kühlt Shen Di Huang (Rehmanniae glutinosae) die Hitze im Blut ab, kühlt die Hitze im Herzen ab, und ernährt Yin. Dieses Kraut ist beispielsweise Bestandteil der Kräutermischung Entwirren des verwickelten Knäuels (Code 068).

In der modernen Medizin wird es bei chronischen Entzündungen und Sodbrennen genutzt.

Nähere Informationen über die traditionelle chinesische Medizin entnehmen Sie den Büchern Auf der Welle der chinesischen Medizin (2002) und Von der Quelle der chinesischen Medizin (2007).

MUDr. Petr Hoffmann