patièka

ABKÜHLUNG DES HEISSEN HERDS (Code 013) - Chuan Xin Lian

Abkühlung des heissen Herdsweitere Informationen

Schau mal
die Sachen aus der anderen Sicht an,
als du bis jetzt schautest,
da dies ein neues Leben
bedeutet.

Marcus Aurelius

Es war einmal ein kleines Königsreich, das lebte wohl. Es ging ihm gut. Die Winter waren mild und die Sommer lau. Es gab immer genug Essen, und Gold, Silber und Diamanten glänzten nicht nur in der Königskasse, sondern auch in vielen Häusern. Mit ihrem Reichtum kamen sie der Welt jedoch nicht entgegen. Im Gegenteil, sie wehrten sich gegen die umliegende Welt. Eines Tages brach eine stark ansteckende Krankheit im Königsreich aus. Die Menschen brannten vor Hitze, ihre Gesichter schwollen an und sie starben so rasch, dass man es nicht einmal schaffte, Gräber für sie zu schaufeln. Früher betrachteten die umliegenden Königsreiche sie neidisch. Jetzt schlossen sie jedoch alle Grenzen, um die Verbreitung der Epidemie zu vermeiden. Die Untertanen steckten sich an, die Höflinge steckten sich an. Sogar der alte König steckte sich an. Er starb im Bett, als sein Sohn den Trauersaal betrat. Sein einziger Sohn, den er vor Jahren im Zorn verstoßen hatte. Der Sohn war immer noch jung, man konnte jedoch erkennen, dass er die Welt gesehen hatte. Er eilte zum Bett seines Vaters. Auch wenn die Höflinge ihre Hälse noch so sehr reckten, hörten sie nicht, was zwischen dem knienden Sohn und dem liegenden Vater gesagt wurde. Die letzten Worte des Königs drangen bis in den letzten Winkel des Saals. „Mein Sohn ist mein Nachfolger. Jetzt folgt ihr ihm!“ Der junge Herrscher übernahm energisch das Zepter. „Lasst in alle Himmelsrichtungen verkünden. Wer das Medikament gegen diese furchtbare Ansteckung findet, bekommt alle Königsschätze. Besser arm und gesund, als reich und tot.“ Die Ärzte und Kräuterheiler des Königreichs hatten es schon längst mit ihrer Kunst versucht. Die Nachricht verbreitete sich jedoch rasch weit und breit, und daher strömten hervorragende Experten sowie viele Kräuterheiler und sonst selbst ernannte Heiler mit ihren unüblichen Vorgehensweisen in das Königreich. Angeblich nur Aufenthalt an frischer Luft. Angeblich Aufenthalt ausschließlich hinter geschlossenen Fensterladen. Häufiges Baden. Kein Baden. Aderlass. Drachen im Wind aufsteigen lassen, und zahlreiche andere ‚verbürgte Rezepte‘. Es half jedoch nichts – alles wurde nur schlimmer.

Die Untertanen sowie die Höflinge starben weiter. Sogar der junge König steckte sich an. Er lag sterbenskrank im Bett, als der nächste der unendlichen Reihe von Wanderheilern den Trauersaal betrat. Er ging direkt in die Mitte des Zimmers und sagte mit kräftiger Stimme: „Ich könnte euch vielleicht helfen. Diese Landschaft kenne ich jedoch nicht. Wer kann mich beraten, welche Kräuter hier zu finden sind?“ Im Haufen der lokalen Ärzte schallte es unfreundlich wider. Es war wohl nicht genug, dass sie hier alle diese Scharlatane erdulden müssen. Und jetzt? Er wolle, dass sie ihm die seit Jahrhunderten geschützten Geheimnisse verrieten! Die erdrückende Stille wurde von zögernden Schritten unterbrochen. Zwei Ärzte hatten sich entschlossen, auf den Unbekannten zuzugehen. Die Tatsache, dass sie die Symptome der Ansteckung an sich selbst schon beobachtet hatten, wollten sie nicht einmal sich selbst eingestehen.

Einen Tag, eine Nacht und einen Tag verließen die drei den Burgturm nicht. Nur der Duft verschiedenster Kräuter strömte aus den Fenstern und unter der Tür hindurch. Am dritten Tag, als der Hahn zum zweiten Mal krähte, betraten sie siegreich den Königssaal. Das Kräutergetränk hatten sie einstweilen nur für den König und für die Kranken innerhalb der Ringmauer zubereitet. Zwei Kräuter sollte es hier im Königreich geben. Das dritte Kraut hatte der unbekannte Arzt in seiner Tasche mitgebracht. Die schnellsten Läufer waren zu entsenden, um es aus den fernen Bergen zu holen.

Die drei Kräuter waren erfolgreich. Die Kranken genasen. Auch ein frischer Wind blies wieder im Königsreich und kühlte die heißen Köpfe der aufgeregten Ärzte. Und der junge Herrscher öffnete das seinerzeit geschlossene Königreich der Welt, der alten Weisheit und neuen Idealen.

Der blitzschnelle Retter wünschte nicht alle Schätze des Königreichs als sein Entgelt – wohin würde er sie auch mitnehmen. Er wünschte nur, sich hier niederzulassen und im Haus am Flussufer zu heilen. Schnell wurde der unbekannte Zuzügler zum hochgeschätzten Arzt. Dieser wurde sehr glücklich, da er hier das Wertvollste fand – sein Heim.

Und seit diesen Zeiten wurden heiße Kochherde nur zur Sättigung der Hungrigen, zur Färbung die Gesichter und Erwärmung der klammen Hände angeheizt.

 


 

Aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin kühlt Chuan Xin Lian (Andrographitis paniculatae herba) die Hitze ab, scheidet heiße Toxine aus und trocknet die Feuchtigkeit aus. Dieses Kraut ist beispielsweise Bestandteil der Kräutermischung Abkühlung des heißen Herds (Code 013).

In der modernen Medizin wird es bei allen bakteriellen und viralen Infektionen genutzt.

Nähere Informationen über die traditionelle chinesische Medizin entnehmen Sie den Büchern Auf der Welle der chinesischen Medizin (2002) und Von der Quelle der chinesischen Medizin (2007).

MUDr. Petr Hoffmann